Im Frühtau in den Chiemgau
Etappe 5 der SÜDROUTE – MoTOURguide Bayern
Start / Ziel: Aschau – Berchtesgaden
Mag auch das Versmaß unserer Titelzeile etwas „holpern“, trödelt dennoch nicht allzu lang am Frühstückbuffet, denn gleich nördlich von Aschau erwartet uns bereits das sehenswerte Prien am Chiemsee. Der immerhin schon 1158 erstmals urkundlich erwähnte Seeort lädt zu einem kurzen zweiten Frühstück mit grandiosem See- und Inselblick.
Schloss Herrenchiemsee ist zumindest beim Erstbesuch der Region Pflicht, allerdings sollten inkl. Schifffahrt mindestens 4 Stunden eingeplant werden.
Ein weiterer Pflichttermin am Chiemsee Westufer ist das sehenswerte Gstadt am Chiemsee. Seit mehr als 150 Jahren kommen ganz berühmte und ganz unbekannte Maler nach Gstadt, um in Öl und Aquarell die faszinierenden Stimmungen, das ständige Wechselspiel des Lichtes und die nahezu unerschöpflich vielen Aussichtswinkel zu verewigen. Mitten im Ort geht es rechts ab hinunter zum winzigen Hafen. Von dort nur einen Katzensprung entfernt liegt Frauenchiemsee, die heimliche Konkurrenz zu Herrenchiemsee. Ihr Kloster Frauenwörth ist eines der historisch wertvollsten Kulturgüter Bayerns. Und zwischen beiden Eilanden ragt die Krautinsel aus dem Wasser, die seit jeher nicht nur zum Gemüseanbau, sondern auch für heimliche Tête-à-têtes der geistlichen Brüder und Schwestern benutzt wurde. Heißt es zumindest hinter vorgehaltener Hand.
Über Höslwang, Halfing sowie Griesstätt erreichen wir dann Wasserburg am Inn. Von drei Seiten wird das prächtige Städtchen vom Fluss umschlossen. Der Inn schmiegt sich wie ein Hufeisen um die alte Salzhandelsstadt, einem Freilichtmuseum mit freiem Eintritt. Mit wichtigen Privilegien versehen blühte der Salzhandel hier bis weit ins 19. Jahrhundert. An der Kreuzung einer der wichtigsten Handels- und Wasserstraßen gelegen, war die Stadt einstmals Dreh- und Angelpunkt für den Warenverkehr aus dem Balkan, Österreichs und Italiens. Das machte die Wasserburger Handelsherren reich und mächtig, ihre stolzen Bürgerhäuser erzählen heute noch davon. Toll!
Weiter geht es zu sieben stillen Gewässern inmitten eines weiten Hochmoores. Die Seenplatte rund um Kloster Seeon, einem tausendjährigen Benediktiner-Kloster, lohnt einen Besuch zu jeder Jahreszeit. Der Blick auf die Klosteranlage mit eigenem See ist herrlich.
Erbaut im Jahr 994 im Auftrag des Pfalzgrafen Aribo I. wurde das Kloster anfänglich von Benediktiner-Mönchen aus Regensburg geführt. Alle Gebäude befinden sich malerisch gelegen auf einer Insel direkt im Klostersee. Die Benediktiner entwickelten eine weithin angesehene Schreibschule, in der sogar Kaiser Heinrich II. Buchabschriften in Auftrag gegeben haben soll. Ab Ende des 11. Jahrhunderts wurde das Kloster umstrukturiert, um 1180 erbaute man die noch heute bestehende, imposante Klosterkirche.
Bis zur Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts war Kloster Seeon ein Ort der Gelehrten und der Künstler, wie Joseph Haydn oder Wolfgang Amadeus Mozart. Nach der Säkularisation diente das Kloster dem europäischen Hochadel als Reiseunterkunft und Heilbad, 1989 erwarb es das Land Bayern und schuf in den Gebäuden ein inzwischen angesehenes Kulturzentrum für Konzerte, Ausstellungen, Seminare und Tagungen.
Wir umrunden das „Bayerische Meer“ auf dessen Ostseite mit zahlreichen Badeplätzen und Möglichkeiten, fast nahtlos braun zu werden. Auch als Biker. Über Grabenstätt geht es hurtig nach Grassau zur Mittagsrast, vom hübschen Marquardtstein nach Unterwössen. Mit einer ganz anderen Art, die Schönheiten des Chiemgaus zu erkunden: Am Rand des malerischen Ortes liegt die Deutschen Alpen-Segelflugschule, von Frühling bis Herbst können wir für ein paar Euro auf einem Passagierflug auf ganz besondere, stille Art die Schönheiten der Chiemgauer Alpenregion erkunden.
Mit Reit im Winkl und Ruhpolding warten zwei Tourismusmagnete der Region, die sich trotz einer Vielzahl an Gästen ihren Charme erhalten haben. Motorradfans stoppen gerne am Ruhpoldinger Schnauferlstall, wo Georg Hollweger fast 80 Motorräder, von NSU über Horex bis BMW, gesammelt hat. Und gleichwohl uns Georg inzwischen vom Himmel aus beim Kurvenräubern zuschaut, seine Witwe öffnet Interessierten gerne die Tore des tollen Museums. Und wenn man schon einmal in Ruhpolding gelandet ist, dann ist ein kalorienreicher Besuch bei der Windbeutelgräfin fast schon Pflicht.
Watzmann, Hochkalter und Reiteralpe – gleich drei imposante Gipfel umschließen das malerische Ramsau am Hintersee, unseren vorletzten Höhepunkt des heutigen Tourentages.
Der naheliegende Hintersee inspiriert seit dem 19. Jahrhundert namhafte Maler und Künstler. Und die weltbekannte Pfarrkirche St. Sebastian wie auch die Rokoko-Wallfahrtskirche Maria am Kunterweg sind auf unzähligen Postkartenansichten mit Urlaubsgrüßen aus Ramsau in alle Welt verschickt worden.
Zum Ende dieses abwechslungsreichen Tages schaut Euch dann unbedingt den historischen Ortskern von Berchtesgaden an. „Und da Herrgott hat g’lacht, wia Berchtesgad’n hat g’macht.“ sagen die Einheimischen. Wahrlich, es ist etwas dran. Und dann erst dieser Königssee: Sein Echo ist weltberühmt, seine über 1 m langen und bis zu 55 Pfund schweren Forellen wahrlich kein Anglerlatein und so eine Bootsfahrt mit der Bayerischen Seenschifffahrt über den See bleibt für immer in Erinnerung. Da stört es auch nicht, dass wir nur zu Fuß an den berühmten See kommen können.
Tourlänge ca. 220 km Navigationsdaten zur Tour bei KURVIGER.de laden
Text © Heinz E. Studt
Fotos © Heinz E. Studt / Elke Hinterschuster