Zwischen den Wassern
Etappe 5 der NORDROUTE – MoTOURguide Bayern
Start / Ziel: Regensburg – Rothenburg ob der Tauber
Wir verlassen das einzigartige Regensburg und damit auch die Oberpfalz. Aber keine Angst: Heute machen wir sozusagen einen Abstecher tief in die Geschichte unseres herrlichen Planeten, in eine Zeit ohne Motorräder sowie ohne Instagram - echt jetzt, gab’s das? Wir streifen durch das idyllische Altmühltal, eine Region, in der Dinosaurier lebten, starben und zu atemraubend filigranen Versteinerungen wurden, die wir heute eigenhändig mit Hämmerchen und Handfeger freilegen können. Aber halt - der Reihe nach.
Über Beratzhausen und Hemau erreichen wir Riedenburg am gewaltigen Main-Donau-Kanal. Den schönsten Blick auf diese mächtige Wasserstraße haben wir übrigens in zweihundert Meter Höhe über dem Tal auf Burg Prunn. Die Ritterburg mit der wohl schönsten Aussicht bietet herrliche Rundumblicke auf das glitzernde Flusstal tief unter uns.
Bereits Karl der Große versuchte, in einem gewaltigen Projekt, die Wasser des Mains und der Donau mittels eines mehr als 150 Kilometer langen Kanals zu verbinden. Sein Ziel war, über die europäische Hauptwasserscheide hinweg, einen Handelsweg zu Wasser zwischen Nordsee und Schwarzem Meer zu erschaffen. Mangels technischer und finanzieller Mittel verlief das Projekt damals sprichwörtlich im Sande.
Bayerns König Ludwig I. wagte sich 1836 nochmals an dessen Realisierung, 1843 war Eröffnung eines ersten Teilstückes zwischen Kehlheim und Bamberg. Als nahezu parallel dazu eine Eisenbahnlinie eröffnet wurde rutschte der Kanalbetrieb tief in die roten Zahlen und ging pleite.
Erst 1992, immerhin 1.100 Jahre nachdem sich die ersten Bauherren daran versucht hatten, wurde der Traum einer Verbindung zwischen Nordsee und Schwarzem Meer durch den „Main-Donau-Kanal“ realisiert. Noch heute also ein echtes Jahrtausend-Projekt.
Bei Dietfurt und Beilngries füllt besagte Altmühl den Kanal mit Frischwasser, ab hier beginnt flussaufwärts der schönste, weil auch natürlichste Teil des Altmühltales. Hier hat der Fluss in Jahrhunderten weite Schleifen in die Landschaft gegraben, die von keiner Menschenhand begradigt wurden. Bislang zumindest.
Bei Kinding verlassen wir das Altmühltal dann wieder und wenden uns streng gen Westen über das sehenswerte Weißenburg in Bayern zu einem weiteren Projekt, bei dem Menschenhand herrliche Landschaften neu geschaffen hat.
Eigentlich sollte Mitte der 80er Jahre nur der Wasserreichtum von Donau und Altmühltal zum Teil in die bis dahin eher trockenen Gebiete südlich Nürnbergs umgeleitet werden.
Im Zuge dieses landschaftsbaulichen Milliardenprojektes entstanden, gewissermaßen nebenbei, fünf neue Seen, die in den darauffolgenden Jahren zum Tourismusprojekt „Fränkisches Seenland“ zusammengefasst wurden. Harmonisch gliedern sich die Speicher Roth-, Altmühl-, Igelsbach-, Kleiner und Großer Brombachsee in eine sanfte Hügellandschaft ein und bieten mit ihren Badeplätzen und Strandbädern ein Naherholungsgebiet, um das man die Franken nur beneiden kann.
Der Große Brombachsee zeigt uns die ganze Schönheit dieser Seenlandschaft, wir umrunden ihn über sein Nordufer und erreichen bei Gunzenhausen dann doch noch einmal das Thema „Altmühl“ – diesmal in Form des herrlichen Altmühlsees. Der entstand zwischen 1976 und 1984 vor den Toren der Stadt Gunzenhausen und kostete damals etwas über 100 Millionen gute alte Deutsche Mark. Im See wird überschüssiges Hochwasser gespeichert und über eine rund 9 Kilometer lange Leitung, unter der Europäischen Wasserscheide hindurch, an den Kleinen und Großen Brombachsee abgegeben.
Fast nur noch einen Katzensprung entfernt liegt dann unser Etappenziel Rothenburg ob der Tauber. „Der Himmel ist weit und der Herrscher ist fern!“ Das alte russische Sprichwort soll auch einer der Wahlsprüche Rothenburgs gewesen sein, verstand man es im Mittelalter doch sehr geschickt, sich vom fernen deutschen Kaiser den Titel „Freie Reichsstadt“ zu erkaufen. Dadurch konnte man hinter den hohen und nächtens sorgsam verschlossenen Mauern frei schalten und walten. Der Name der Stadt geht auf die „Rote Burg“ des Stauferkönigs Konrad III zurück. Bis heute hat Rothenburg viel von seinem mittelalterlichen Charme bewahrt. Der riesige Marktplatz ist Treffpunkt für Jung und Alt, vorbei an den Patrizierhäusern der Herrengasse und dem ganzjährigen Weihnachtsbasar in Käthe Wohlfahrt’s legendärem „Weihnachtsdorf“ geht es hinaus zu den noch vollständig erhaltenen Wehrgängen und Kasematten.
Tourlänge ca. 240 km Navigationsdaten zur Tour bei KURVIGER.de laden
Text © Heinz E. Studt
Fotos © Heinz E. Studt / Peter Wahl / Klaus Hinterschuster