Let's roll over Mallorca

Mallorca mit der Vespa erkunden ©motorradstrassen

Karte MallorcaEigentlich hatten wir einen Mallorca-Urlaub ohne motorisiertes Zweirad geplant, denn kurz nach den endlich wieder stattfindenden Frühjahrsmessen und der Umsetzung des MOTORRAD TOURENATLAS Alpen für Louis, waren wir einfach ausgepowert und hatten uns auf eine Woche relaxen mit Meerblick eingestellt. Aber, wie so oft, kommt es anders als man denkt. So eroberten wir schließlich die Baleareninsel mit einer flotten Vespa und lernten eine völlig neue Art des Fahrgenusses auf 2 Rädern kennen.

Franky„Schuld“ an dieser unerwarteten Wendung war letztendlich mein Kumpel Franky, mit dem ich mich 1-2 mal im Monat zum Mittagessen oder auf ein Spaghettieis bei unserem Lieblings-Eisdealer treffe. Dabei kommt er selten mit seiner großen GS, sondern meistens mit seinem italienischen Kultroller, einer 250er Vespa. Lässig wird dann das überall ein Plätzchen findende Fahrzeug geparkt und der Jethelm unter der Sitzbank verstaut. Frank schwärmte oft von dem coolen Gefährt, das mit seinen über 20 PS zu durchaus mehr taugte, als zum Mitschwimmen im Stadtverkehr. Manchmal kam es mir sogar so vor, als würde ihm das Italorad mehr am Herzen liegen als seine BMW.
Ich selbst hatte noch nie eine Vespa bewegt und ehrlich gesagt konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass ich an der Automatikrutsche Spaß haben könnte. „Was der Bauer nicht kennt frisst er nicht“, meinte Franky dann immer. Schließlich kam, was komme musste und ich entdeckte bei den Urlaubsvorbereitungen stimmungsvolle Vespa-Fotos, eingebettet in stimmungsvolle Mallorca-Kulissen. Da hatte Alexa wohl wieder einmal gelauscht, statt Befehle auszuführen.

Durchstarten

Schließlich buchten wir beim Anbieter Bullimoto eine Vespa GTS 300, die mit ihren 23 PS zumindest weit mehr Power suggerierte als eine 50er Primavera mit 3 PS. Anfang Mai war es dann schließlich soweit und der Lufthansa-Jet setzte uns, fast problemlos, auf dem Aeropuerto de Son San Juan in Palma de Mallorca ab. Fast problemlos, weil der Flieger fast schon aufgesetzt hatte und auf Grund von extremen Seitenwinden noch einmal durchstarten musste. Nicht unbedingt ein berauschendes Gefühl, aber die Mitfliegenden nahmen es äußerlich relativ gelassen, innen dürfte es bei so manchem anders ausgesehen haben.

Hotel LogoHotel Es Port

Carrer d'Antoni Montis, 10                         
07108 Port de Sóller

+34 971 63 16 50
www.hotelesport.com

Schnell war der Transfer zum Hotel erledigt und die Zimmer bezogen. Fünf Stunden nach Verlassen unseres Hauses befanden wir uns bereits mitten im prallen Leben von Port de Sóller, machten beim netten Bullimoto-Team die Abholung der Vespa für den nächsten Tag klar und landeten im schönen Garten des Restaurants „Randemar“. Das Essen war okay, mehr aber auch nicht. Die Top-Lage wird dem stylischen Laden sicher auch weiter spontane Gäste sichern – unser Fall war es definitiv nicht. So nahmen wir schließlich unsere Gute-Nacht-Drinks in unserer urigen Hotelbar ein und fielen, angenehm kaputt, ins Bett.

 
 
Auf ins Rollerabenteuer

Am nächsten Tag begann unser Vespa-Abenteuer mit einer Einweisung, die vom Anlassen über das Fahren bis zum Verstauen der Helme alles enthielt was man zum Vergnügen mit der Italienerin wissen musste. Apropos Helme: wir hatten uns für den Rollerurlaub zwei NOLAN N21 Visor zugelegt. Mit diesem Helm hatten wir bereits bei unseren USA-Reisen sehr gute Erfahrungen gemacht. Nicht zuletzt das extra breite Visier und das damit verbundene Sichtfeld begeisterten uns auch diesmal.
Bevor Elke den Soziaplatz einnahm unternahm ich mit der Vespa einen 5-Minuten-Test. Die Handlichkeit eines Fahrrads und eine starke Beschleunigung trieben mir ein Grinsen ins Gesicht, und mir war schnell klar, dass wir auf das richtige Pferd, bzw. das richtige Fahrzeug gesetzt hatten.

Bullimoto

Carrer d'Antoni Montis, 6
07108 Port de Sóller,Illes Balears
Mallorca/Spanien

+34 971 63 26 96
www.bullimoto.com

Unsere erste Tour führte uns zur Bucht von Sa Calobra. Diese erreichten wir über die spektakuläre, gleichnamige Passstraße. 12 Spitzkehren, verteilt auf 14 Kilometer aussichtsreicher Serpentinenstrecke, sorgten für ein gigantisches Zweiraderlebnis. Auf dieser unglaublichen Straße befindet sich mit dem „Krawattenknoten“ eine ausgefuchste Idee des einstigen Straßenplaners. Eine 270-Grad-Windung führt die Asphaltpiste unter sich selbst hindurch und gleicht damit einer gebundenen Krawatte. Und wir hatten richtig Spaß mit unserem leistungsstarken Roller. Vergebliche Versuche von so manchem Biker, auf hochmotorisiertem Krad, uns abzuschütteln endete in erkennbarer Resignation. Die Wendigkeit und die über die Automatik immer optimal verfügbare Leistung waren einfach nicht zu schlagen. In der Bucht von Sa Colobra angekommen parkten wir unser Fahrzeug standesgemäß auf dem Motorradparkplatz und gönnten uns einen Kaffee mit Meerblick. Auch auf dem Rückweg zeigte die GTS300 keine Schwächen und meisterte die extremen Steigungen der Schlangenstraße mit Bravour. Auf der Rückfahrt nach Port de Sóller stoppten wir am beeindruckenden Stausee Embalse de Gorg Blau und schossen Erinnerungsfotos.
Auf der windungsreichen Weiterfahrt wurde noch so mancher Touri mit seinem Leihauto Opfer unserer Vespa, denn das Gefährt lieferte, gerade zwischen 60 und 100 km/h, genug Power um Überholvorgänge in wenigen Sekunden zu erledigen.
Am Abend landeten wir im Nunu und ließen es uns bei Thunfisch Tartar und Spaghetti aus dem Parmesanrad mit Trüffel so richtig gut gehen. Ein Hafenbummel mit Cocktailstopp beendete einen herrlichen Tag.

Tourlänge ca. 130 km Navigationsdaten zur Tour bei KURVIGER.de laden

Reisen auf Gleisen

Am nächsten Tag ruhte der Roller auf dem Hotelparkplatz, während wir zunächst mit der historischen Straßenbahn hinauf ins einladende Sóller fuhren. Nach einem Bummel rund um die Pfarrkirche St. Bartholomäus und einem Kaffee auf dem Marktplatz gingen wir zum Bahnhof, wo wir überraschenderweise zwei Dauerausstellungen von Picasso und Miró vorfanden. Unser Objekt der Begierde war allerdings der „Rote Blitz“, die historische Schmalspurbahn nach Palma, der Inselhauptstadt. Auf einer rund 30 Kilometer langen Fahrt überwindet der Zug dann mehr als 400 Höhenmeter, durchfährt 13 Tunnels und geizt nicht mit engen Gleiswindungen. Palma selbst ist unbedingt einen Urlaubstag wert, denn die Mallorca-Metropole begeistert kulturell und kulinarisch.

Kunst, Kehren und ein Liebespaar

Am nächsten Morgen juckte es wieder in der Gashand. Bereits am 497 Meter hohen Col de Sóller wartete die erste Bergprüfung für unsere italienische Freundin. Der rund 7 Kilometer lange Anstieg liefert bis zu 17% Steigung. Insgesamt überzeugt der Pass mit unzähligen Kurven und Spitzkehren. Und es war so gut wir kein Verkehr, da die Einheimischen den 3 Kilometer langen Straßentunnel nutzen und sich nicht über den Pass quälen, der für uns und unser Fortbewegungsmittel eine wahre Freude war.
Nach flotter Fahrt erreichten wir Andratx, eine alte mallorquinische Stadt – nicht zu verwechseln mit der unweit entfernten, sehen-und-gesehen-werden Flaniermeile Port d'Andratx. Der authentische Ort hat so manchen Künstler inspiriert. Neben einem Bummel durch die verwinkelten Gassen empfiehlt sich deshalb ein Besuch des kulturellen Zentrums CCA Andratx. Wir füllten im angeschlossenen Café unsere Koffein-Depots und gaben der Vespa die Sporen, um nach einer Kurvenorgie mit diversen Aussichtsstopps im famosen Valdemossa zu landen.

Das romantische Bergdorf, das seinen hohen Bekanntheitsgrad aus einem 3-monatigen Aufenthalt des illustren Paares Frédéric Chopin und George Sand bezieht, ist in der Hauptsaison total überlaufen – jetzt im Mai war es ein Genuss durch das Liebesnest des Komponisten und der Schriftstellerin zu spazieren.
Ein richtiges Zweiradabenteuer war dann die Fahrt hinunter nach Port de Valdemossa, die weniger wegen des Ortes, als viel mehr wegen der brachialen Kehrenschlacht in Erinnerung bleibt. 5 Kilometer begeisternde Lenkerarbeit, gemixt mit herrlichen Ausblicken machen diese Strecke zur Pflichtveranstaltung für motorisierte Zweiradfans. Am Hafen angekommen mussten wir, aber auch die Vespa, so richtig durchschnaufen.
Wir wussten ja auch was uns auf dem Weg nach oben erwartet. Diese Piste nahmen wir aber mit Bravour und ohne die Füße unterstützend aufsetzen zu müssen. Den Schlusspunkt der Tour setzte der Künstlerort Deià. Im sehr engen Ort fanden wir mit unserem Roller schnell einen Parkplatz – ein weiterer unschlagbarer Vorteil unseres Gefährts.

Tourlänge ca. 140 km  Navigationsdaten zur Tour bei KURVIGER.de laden

Weitere Inseltage

Am Abend waren wir so richtig platt und wollten nicht mehr zum Hafen. Wir nutzten das Restaurant-Angebot unseres Hotels und ließen uns danach in der Hotelbar noch von einem hervorragenden Gitarristen unterhalten, der Songs von den Dire Straits, den Rolling Stones und vielen Musikgrößen gekonnt coverte.
In den letzten Tagen unseres Aufenthalts hielten sich Entspannungstage am Pool, Genuss rund um den Hafen und so mancher Kilometer mit dem Roller die Waage. Dabei zeigte sich die Vespa auch als cooles Alltagsfahrzeug, mit dem man mal kurz ins wenig entfernte Café düsen oder die 5 Kilometer nach Sóller-Stadt zurücklegen konnte.
Mit der Tour zum Cap de Formentor nutzten wir unsere Vespa noch einmal für eine größere Runde. Neben den fantastischen Aussichtspunkten zwischen dem besuchenswerten Pollenca und dem nördlichsten Punkt der Balleareninsel begeisterte wieder einmal die Straßenführung. Dabei waren vor allem die Abschnitte zwischen Es Guix und Caimari sowie die Strecke von Es Guix nach Pollenca vom Feinsten.

Tourlänge ca.100 km  Navigationsdaten zur Tour bei KURVIGER.de laden

Fazit

Wieder zuhause musste ich Franky Abbitte leisten, denn der Vespa-Spaß auf Mallorca war grandios und ich konnte seine Faszination für die Italienerin inzwischen nachvollziehen. Auf der Baleareninsel war der Roller auf jeden Fall genau richtig – als nettes Zusatzfahrzeug, natürlich keineswegs als Ersatz für ein richtiges Motorrad, könnte ich mir das Kultbike auf jeden Fall auch bei uns vorstellen.

Text © Klaus Hinterschuster

Fotos © Elke und Klaus Hinterschuster