Good Vibrations

USA Motorradreise

3.300 km USA-Asphaltprogramm

Mit Nevada, Utah, Arizona und Kalifornien standen bei unserem ersten Motorradritt durch die USA gleich 4 Staaten und 3.300 USA-Kilometer auf dem Asphaltpro­gramm. Mit unseren langjährigen Freunden, Marion und Reiner Heller, vom US-Reiseveranstalter Amerika Heller waren wir mit Spezialisten unterwegs, die seit über 20 Jahren Motorradtouren durch die USA organisieren. Auf der Reise von Las Vegas nach San Francisco standen mit der historischen Route 66, dem Monument Valley, dem Grand Canyon und dem Highway Nr.1 eine Vielzahl an Top-Highlights des Südwestens der USA auf dem Programm. Mindestens genauso großartig waren die vielen kleinen Erlebnisse, die diese Reise zu etwas ganz Besonderem machte.

Wir hatten uns ausgiebig auf das Land der unbegrenzten Möglichkeiten vorbereitet, uns oft und voller Vorfreude in die ausführliche Tourbeschreibung unserer Reiseveranstalter eingelesen, den notwendigen ESTA-Antrag gestellt und dann war es endlich so weit. Unser Jet trug uns von Frankfurt zunächst nach Chicago, wo wir die Einreiseformalitäten erstaunlich schnell hinter uns bringen konnten, und von dort nach Las Vegas in Nevada.
Die Müdigkeit nach der rund 16-stündigen Anreise verfliegt schnell als uns Marion und Reiner Heller am Flughafen der Spielerstadt abholen und die Fahrt zum Hotel mit einem Abstecher durch das Lichtermeer des Strip garnieren. 35 Grad Celsius bzw. 95 Grad Fahrenheit sind es noch an diesem lauen Spätsommerabend. Allerdings bin ich sicher, dass beim Ausschalten aller Lichter in Vegas die Tem¬peratur sofort um 10 Grad Celsius sinken würde. Die Hitze ist erfreulicherweise trocken und nicht einmal unangenehm.


Das ist am nächsten Tag schon etwas anderes, denn es ist heißer und die Sonne brennt gnadenlos. So hüpfen wir an unserem Tag vor dem Tourstart zwischen klimatisierten Casino-Hotels und gigantischen Außenattraktionen hin und her. „Die spinnen, die Amis“ hätten wohl Asterix und Obelix ausgerufen, wenn sie die irren Nachbauten von Paris, New York und Venedig gesehen hätten. Alleine der Bau des Venetian Resort Hotel hat 1,6 Milliarden US-Dollar verschlungen. Rund 40 Millionen Menschen besuchen die Spieloase mitten in der Wüste jährlich.

Filmreif

Am nächsten Tag holen wir die Harleys bei Eaglerider ab und 2 Stunden später fahren wir bereits ins Valley of Fire ein, das uns auch gleich ein rotes Wunder beschert. Der älteste und größte Staatspark Nevadas wurde bereits 1935 eröffnet. Die rote Farbe der Sandsteinformationen haben dem „Feuertal“ seinen Namen gegeben. Auch diverse Filmschaffende waren von der unglaublichen Landschaft begeistert und setzten diese als Kulisse ein.
Am nächsten Tag wird die Grenze nach Arizona und nach Utah überquert und mit dem Zion Nationalpark sorgt die nächste Kulisse für Aha-Effekte. Die rot geteerte Straße mit gelbem Mittelstreifen führt über Serpentinen und durch Tunnels in die Schluchten eines atemberaubenden Gebirges. Kurz hinter dem Zion, der auch mit seinem Kurvenmaterial gefiel, setzt Reiner den Blinker und wir stoppen an einem kleinen, netten Café, dem Rock Stop, auf ein leckeres Stück Kuchen und einen Espresso. Mit dem jetzt folgenden Red Canyon begeistert uns heute ein weiteres Stück außergewöhnlichen Gesteins, bevor wir unsere auf 3.000 m Höhe gelegene Lodge erreichen. Im angeschlossenen Restaurant werden geniale Steaks und Regenbogenforellen auf die Teller gezaubert, die unsere Fastfood-Ängste endgültig vertreiben.
Der Bryce Canyon steht als erstes Highlight auf dem Programm dieses Tages. Wie Korkenzieher schießen die Felsenpins aus der Erde. Fast schon surreale Motive sorgen für die Befüllung unserer Speicherchips.

Is was, Doc?

Etwas später im Escalante-Gebirge geschieht wieder einmal etwas, was diese Tour mit den Hellers zu etwas ganz Besonderem macht. Draußen stoppt ein Typ mit seiner Harley, Reiner geht auf ihn zu und begrüßt ihn herzlich. Es handelt sich um den „Desert Doc“, einem Erste-Hilfe-Schrauber für gestrandete Biker. Reiner kennt ihn schon lange und unser kompletter Trupp wird vom Doc zu sich nach Hause eingeladen, um seine Wirkstätte kennenzulernen. Ein einmaliges Erlebnis, das sich als unvergessliches Highlight in die Bikerseele brennt. Dass der „Doc“ uns am Ortsausgang noch mit einer Deutschlandflagge verabschiedet setzt, der Nummer die Krone auf.

Cowboy und Indianer

„Welcome to Marlboro Country“ heißt es am nächsten Tag bereits kurz nach dem wir unser Hotel verlassen haben, denn das Monument Valley wird wohl für immer und ewig mit der Cowboykippe verbunden sein. Die weltbekannten Sandsteinformationen sind bereits von weitem zu erkennen und die unglaubliche Anfahrtsstraße wurde scheinbar einzig und allein zu dem Zweck gebaut unvergessliche Erinnerungsfotos zu schießen. Marion positioniert sich entsprechend während wir viele hundert Meter weiter einen geeigneten Wendepunkt finden, um das Naturereignis auf den Pics im Rücken zu haben. Die schweißtreibende Umkehraktion führen wir zweimal durch, einmal für unsere Fotografin und einmal für die asiatische Reisegruppe auf einem Parkplatz am Straßenrand, die uns kreischend zur Zugabe auffordert und uns mit ihren Handys einfangen will. So sind wir mit unserem Trupp wahrscheinlich bereits im Fernen Osten auf diversen Facebookseiten präsent, bevor wir die Seitenständer unserer Harleys am Visitor Center des be¬rühmten Valleys ausgefahren haben.


Für rund zwei Stunden tauschen wir den Motorradsattel jetzt gegen die Sitzbank eines Jeeps und fahren unter fachkundiger indianischer Führung in die unglaubliche Welt des Monument Valley ein. Die Ebene auf dem Colorado Plateau zieht den Besucher sofort in ihren Bann. Wir befinden uns auf rund 1.900 Metern Höhe, die Temperaturen schwanken hier zwischen Minusgraden im Winter und weit über 30 Grad Celsius im Sommer. Für die Navajo Nation ist die Ebene ein heiliger Ort, und das ist schneller zu begreifen und nachzuvollziehen als die viele Millionen Jahre dauernde Entstehungsgeschichte des Naturwunders. Die Namen für die Formationen sind treffend. Da sind die „Handschuhe“ mit den abstehenden Daumen, der „Cube“ und „John Waynes Stiefel“, der sofort erkennbar ist.

Big John hat seine eigenen Gesetze

Bevor wir uns dann am frühen Abend in Page zum Essen aufmachen statten wir der Mainstreet noch einen Besuch ab und werden Zeuge einer indianischen Tanzvorführung, die uns ähnlich vom Hocker reißt wie ein Schuhplattlerauftritt in Inzell. Da hat „Big John‘s Texas BBQ“ mit seinen 3 Riesensmokern ganz klar die besseren Argumente, sowohl auf dem Teller, als auch mit den sympathisch-dörflichen Countryrockern, die sich gerade mit dem Stimmen ihrer Instrumente beschäftigen.Der Abend ist perfekt, bis zu dem Zeitpunkt, als wir mit unserem Verhalten die Grenzen der amerikanischen Willkommenskultur erreichen. Unsere komplette Gruppe ist in Feierlaune, als die bis dahin überaus charmante Bedienung unaufgefordert die Rechnung bringt. In Amerika ist es üblich nach den Essen zu zahlen und zu gehen, damit Wartende nachrücken können. Eine neue Bestellung von zehn Bier als Antwort, kühlt die Stimmung unserer Servierzofe merklich ab. Nach einer weiteren Wiederholung der „Wir-wollen-noch-zehn-Bier“- Prozedur werden wir unmissverständlich aufgefordert endlich zu zahlen und die Location zu verlassen. Bevor wir jetzt noch Big Johns Mistgabel kennenlernen, und am Ende vielleicht geteert und gefedert werden, ziehen wir uns dann halt zurück.

Grand Canyon

Der Grand Canyon ist das Ziel des nächsten Tages. Vorher fahren wir jedoch auf den Spuren von Dennis Hopper und Peter Fonda durch die gemalte Wüste, also die „Painted Desert“. Die Mutter aller Biker-Road- Movies ist im Kopfkino ohnehin oft präsent, wenn man die Harley durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten lenkt. Mit einem kultigen Feeling nähern wir uns also nun der Meisterleistung des Colorado River, der sich auf 450 Kilometern durch Stein und Fels gefräst hat und den Grand Canyon entstehen ließ. Rund 5 Millionen Besucher werden jährlich von den gigantischen Aussichtpunkten angezogen, manche so stark, dass sie nach einem letzten spektakulären Selfie sogar für immer dort bleiben. Am Rande dieses Naturwunders zu sitzen und in das gigantische Loch zu schauen hat etwas Meditatives. Im Visitor Center laden hervorragende Grafiken, Schautafeln und Filmvorführungen zur Weiterbildung ein. Einen absoluten Kick bietet die Besichtigung per Helikopterflug.

Route 66 - Get your kicks

Und jetzt ist es nicht mehr weit zur legendären historischen Route 66, bei der es sich im Gegensatz zur Gesamtroute von Chicago nach Los Angeles, um den wirklich erlebenswerten Teil der Motherroad handelt. Wir fahren ins einladende Williams hinein, wo wir heute auch übernachten werden. Eine Vielzahl von Saloons, BBQ-Stationen und Souvenirläden macht deutlich – wir haben die Route 66 erreicht. Na dann – ran an die Kicks! Ursprünglich führte Amerikas berühmteste Straße auf knapp 4.000 Kilometern von Chicago nach Santa Monica in Kalifornien. Nicht zuletzt durch die bevorzugte autobahnähnliche Entwicklung im Straßenverkehr verlor die einstige Main Street of America ihren ursprünglichen Charakter und ist heute auch nicht mehr durchgehend als „Route 66“ präsent. Seit 1987 bemühen sich engagierte Anwohner in Form der „Route 66 Association“ den einstigen Spirit der guten alten Zeit aufleben zu lassen und den Freiheits- und Abenteuergedanken mit einladenden Roadstopps und Kultstätten zu befeuern.

Das Asphaltband der historischen Route 66 wird uns die nächsten Tage immer wieder begleiten. Wer spektakuläre und ultrakurvige Asphaltpisten erwartet wird ähnlich enttäuscht, wie ein Heavy-Metal- Fan auf einem Konzert von John Fogerty. Es ist viel mehr die Straße der Roadmovie- Liebhaber und solchen, die den ursprünglichen Trucker im Herzen tragen. Oftmals sieht man bereits die nächsten 10 Minuten der schnurgeraden Straße vor sich, um nach Erreichen dieses Punktes mit einer neuen 10-Minuten-Aussicht eingefangen zu werden. Wer sich darauf einlassen kann findet dies alles andere als langweilig.Es ist ein Zu-sich-kommen und ein absolutes Gegenwartsgefühl ohne Handygebimmel, Navigelaber und eben auch ohne Warnweste, Vollvisierhelm und aufblasbarer Airbagjacke.Ganz entspannt im Hier und Jetzt ist angesagt. Ursprünglicher kann Motorradfahren nicht sein und egal welches Bike man zuhause reitet, hier muss es eine Harley sein. Eine BMW-GS, eine Multistrada oder eine Africa Twin sind hier so deplatziert wir ein Veganer auf einer Party der Metzgerinnung.

Pflichtstopps

Es sind die begeisternden Pflicht-Stopps in Seligman, Hackberry, Kingman und Oatman, die ebenso im Lebensbuch eines Bikers erscheinen müssen, wie das Stilfser Joch oder der Großglockner in den Alpen. Gerade in Seligman bekommen wir einen Eindruck, welche Sympathie unser Guide Reiner, dank langjähriger Erfahrung, genießt. Angel Degandillo, die mittlerweile über 90-jährige Legende der Route 66, kommt an seinem freien Sonntag extra in seinen spektakulären Barbershop um Reiner und uns persönlich zu begrüßen – und das mit dem Fahrrad. Wir scherzen, dass er sicher gerade vom Essen bei seinen Eltern kommt.
Auf dem Weg nach Kingman ist natürlich dann der General Store in Hackberry ein Pflichtstopp. Sowohl das Museum, als auch die diversen Schmuckstücke auf der Freifläche bieten grandioses Material für die Speicherchips. Ob Tanksäulen, die 57er Corvette oder das alte T-Modell – hier lebt die Legende.Hackberry, 1874 aufgrund von Silber- und Eisenerzfunden entstanden, hat einige Ups und Downs hinter sich und war zwischenzeitlich, bis zur Wiedereröffnung des General Store 1992, schon zur Geisterstadt heruntergekommen. Heute erfreut sich der beliebte Bikertreff, dank dem großen Interesse an der wiederbelebten Kultstraße, reger Betriebsamkeit. Kaum ein Biker, der am Kultstore ohne Halt vorbeidonnert.

Mit dem Stilgreaves Pass wartet dann auch ein halbes Stündchen später eine Kurvenorgie in Richtung Oatman, die sich gewaschen hat. Die steile, schmale Straße verzichtet auf Leitplanken und sollte daher mit viel Respekt angegangen werden. Spektakuläre Aus- und Einsichten würzen die begeisternde Fahrt und der Stopp in Oatman ist nicht nur wegen des körperlichen Flüssigkeitsbedarfs Pflicht. Die Goldgräberstadt verdankt ihren Bekanntheitsgrad vor allem der Tatsache, dass Clark Gable hier im Jahr 1939 seine Flitterwochen verbrachte und später immer wieder zurückkehrte um mit den Minenarbeitern zu pokern. Wir erfrischen uns mit eisgekühlten Getränken in der Dollar Bill Bar, die von oben bis unten mit 1-Dollar-Noten gespickt ist.

Irgendwann erreichen wir dann Kalifornien, wo wir weitere Route-66-Kultstätten ansteuern. Roy’s Café und das Bagdad Café belegen, dass hier der Zahn der Zeit leicht kariös geworden ist. Noch reicht es allerdings dafür, dass vollbepackte Reisebusse hier stoppen, schließlich will man ja Filmkulissen bewundern, die wie einst bei „Out of Rosenheim“ die Kinokassen klingeln ließen.

Highway No. 1 – Riding to San Francisco

Der Highway No.1 macht am nächsten Morgen überdeutlich, dass für das Motorradland Amerika auf jeden Fall Moped-Erfahrung mitzubringen ist. Die anspruchsvoll gezogenen Kurven der weltbekannten Küstenstraße, kombiniert mit Seitenwind in unterschiedlichsten Stärken, verlangen nach einer geübten Hand am Harleylenker. Außerdem bleibt das Fahrerauge auch gerne einmal einen Tick zu lange an den phänomenalen Aussichten hängen.Wir erreichen Santa Barbara, das zu den teuersten Wohngebieten der USA gehört und so manchem Promi oder reichem Pensionär zur Heimat geworden ist. Unser Guide führt uns zunächst zum 400 Meter langen Pier, das wir, für uns völlig unerwartet, befahren dürfen. Wir genießen die frische Pazifikluft und schlendern an einladenden Fischlokalen entlang. Ja hier lässt es sich aushalten.

Das von Scott McKenzie besungene San Francisco gehen wir natürlich „riding“ statt „going“ an und die letzten 380 km abwechslungsreichen Kilometer bis zur einstigen Hippiehochburg sind noch einmal mit wunderbaren Haltepunkten garniert. Diese beginnen bereits eine halbe Stunde nach dem morgendlichen Start mit einem Halt am Elephant Seal Rookery, wo sich eine unglaubliche Vielzahl Seeelefanten zum Strandaufenthalt eingefunden haben. Ein traumhaft schöner Beobachtungspunkt, der uns alle innehalten lässt. Wir bollern weiter am Pazifik entlang, genießen wechselnde Höhen und umwerfende Ausblicke. Jetzt ist ein Besuch im mondänen Badeort Carmel angesagt. Wer hier wohnt hat das nötige Kleingeld und muss dies nicht mal groß nach außen tragen. Die dezent stylischen Wohnstätten sprechen für sich, eine Zuhälterkarre als Statussymbol ist hier mehr als überflüssig. Clint „Django“ Eastwood war hier übrigens einst Bürgermeister, hatte natürlich immer eine Monatskarte, ist jetzt aber nicht mehr der Colt für alle Fälle.

San Francisco

Am späten Nachmittag erreichen wir San Francisco, die Flower-Power-Stadt auf den sieben Hügeln. Hier, wo einst Lieutenant Stone und Micheal Douglas als Inspector Heller mit Blaulicht durch die steilen Straßen jagten, führt uns unser Reiner Heller gewohnt sicher durch den Stadtverkehr der amerikanischen Großstadt. Dabei bleibt in Erinnerung, wie cool die amerikanischen Verkehrsteilnehmer mit einer großen Gruppe Biker umgehen, und diese im Großstadtdschungelkampf unterstützen. Ziemlich abgekämpft, aber hochzufrieden erreichen wir die Tiefgarage unserer Übernachtungsstätte.

Das MOTORRADSTRASSEN Team war in 14 Tagen unterwegs in 4 Staaten mit:

logo amerika hellerJH AMERIKA HELLER
Krähenwinkel 5
95326 Kulmbach

www.amerika-heller.de

Der krönende Motorradabschluss steht am nächsten Morgen an - der gemeinsame Ritt über die Golden Gate Bridge. 2.737 Meter Gänsehaut pur und ein wohl für immer unvergessliches Erlebnis. Wir parken die Bikes und baden im Gefühl als Gruppe etwas ganz Großes gemeinsam erlebt zu haben. Reiner guided uns zu einem weiteren Aussichtspunkt, der uns die ganze Faszination der berühmtesten Hängebrücke der Welt aus anderer Perspektive vorführt.

Und genau an dieser Stelle endet unsere Reiseerzählung, die uns beim Schreiben schon wieder mit Fernweh vollgepumpt hat und zum Unterwegssein motiviert.