Mit Abstand besser

Die Ducati Multistrada V4 - Hier mit dem Entwicklerteam

Der Abstandstempomat für Motorräder kommt

Es dauert nur noch bis zum 4. November 2020: Dann enthüllt Ducati seine neue Multistrada V4. Ihr vollkommen neu entwickelter Vierzylindermotor soll leicht und kompakt sein, seine Wartungsintervalle gar „rekordverdächtig für die Zweiradbranche“, sagt der Hersteller. Gerade recht für Leute, die gerne und auch viel fahren. Schon vier Wochen vor der offiziellen Präsentation – sie findet natürlich im Internet statt – hat im Werk in Bologna die Serienproduktion begonnen. Dabei gab Ducati offiziell bekannt, dass die vierte Generation dieses Modells mit Front- und Heckradar ausgerüstet werden kann. Die neue Radartechnologie dient primär der Erhöhung des Fahrkomforts, bietet aber auch Sicherheitsaspekte.

Ducati experimentiert bereits seit 2016 mit der Abteilung für Elektronik, Information und Bioengineering des Mailänder Polytechnikums mit radarbasierten Assistenzsystemen. Fast so lange währt auch die Zusammenarbeit mit Bosch, um das aus zwei Radargeräten an Fahrzeugfront und -heck bestehende System zur Serienreife zu entwickeln. Das Ergebnis ist ein Kästchen mit den Dimensionen 7 x 6 x 2,8 Zentimetern, das nur 190 Gramm wiegt und sich in neu entwickelten Motorrädern an Front und Heck leicht unterbringen lässt.
Das Frontradar ist technische Basis für die Steuerung der adaptiven Geschwindigkeitsregelung ACC; sie passt die Geschwindigkeit des Motorrads zwischen 30 und 160 km/h automatisch an den fließenden Verkehr an, wobei bei der Multistrada V4 der Abstand zu den vorausfahrenden Fahrzeugen in vier Stufen vorgewählt werden kann. Dabei geht die Autonomie nicht so weit wie beim Pkw; sie ist in Bezug auf die Brems- und Beschleunigungsvorgänge stärker begrenzt, um der Dynamik und Ergonomie eines Motorrads gerecht zu werden. So wird sichergestellt, dass der Fahrer in jeder Situation die Kontrolle über das Motorrad behalten kann. ACC ermöglicht nach Meinung von Ducati ein komfortableres und auch sichereres Fahren vor allem auf langen Autobahnabschnitten.
Das unter dem Rücklicht am hinteren Kotflügel montierte Heckradar ist zuständig für die Erkennung von Fahrzeugen, die sich im toten Winkel befinden. Dabei registriert das Blind Spot Detection (BSD)-System auch Fahrzeuge, die sich mit hoher Geschwindigkeit von hinten nähern. Darin sieht Ducati einen Sicherheitsgewinn. Auf die nahende Gefahr wird im Cockpit-Display hingewiesen.


BMW zieht nach

Ducati wird im kommenden Jahr freilich nicht der einzige Hersteller sein, der diese neuartigen Assistenzsysteme anbietet. BMW hatte bereits im Ende Juni dieses Jahres verlautbart, dass es Zeit für den Einbau von ACC sei. Allerdings hatten die Münchner sich noch nicht definitiv auf den Fahrzeugtyp festgelegt, der als erstes mit Radar ausgerüstet wird. Die Illustrationen lassen vermuten, dass die K 1600 GT den Anfang macht. BMW variiert beim Abstand in drei Stufen, zudem gibt es zwei Charakteristika für das Regelverhalten, nämlich komfortabel oder dynamisch, was sich auf Beschleunigung und Verzögerung auswirkt. BMW wird nur wenige Tage nach der Multistrada-Präsentation Neues zum Thema Motorrad verlauten lassen.


KTM folgt - Kawasaki arbeitet an der Implementierung

Auch KTM wird aller Voraussicht nach 2021 auf den Radar-Zug aufspringen; die Österreicher experimentieren ebenfalls bereits seit mindestens drei Jahren mit radarbasierten Systemen und werden bei der demnächst zu erwartenden Vorstellung ihrer neuen Adventure-Generation bestimmt nicht „ohne“ antreten. Man darf also gespannt auf den ersten Vergleich der Auslegung der Systeme sein. Von den japanischen Herstellern ist nur von Kawasaki bekannt, dass man an der ACC-Implementierung arbeitet; Kooperationspartner ist ebenfalls Bosch. Dort nennt man das System „Advanced Rider Assistance System“. Von Kawasaki ist offiziell kein Zeitpunkt für die Markteinführung des ARAS bekannt; man darf auf ein erstes Modell für 2022 hoffen.

Text Ulf Böhringer
Fotos Hersteller