Reiseenduro 2021 - Harley-Davidson Pan America
Unausgesprochenes Ziel von Harley-Davidson ist es, mit der Pan America dem Weltbestseller BMW R 1250 GS Paroli zu bieten. Dazu hat man in Milwaukee Bemerkenswertes geleistet: Die Technik der Pan America ist durchwegs topmodern, die Ausstattung füllig, die Optik markant und deshalb gewöhnungsbedürftig, der Einfallsreichtum der Ingenieure groß – man hat sich sogar eine Weltneuheit einfallen lassen, nämlich eine automatische Absenkung des Fahrzeugs im Stand. Auf diese Weise können auch kleinere Personen mit ihren Füßen sicher den Boden erreichen.
Design – Technik - Geschwindigkeit
Design und Technik der Pan America zeigen, wohin für Harley-Davidson die Abenteuerreise gehen soll: Über Straßen, Wege und Routen aller Art. Und zwar zügig, nämlich mit bis zu 220 km/h: Das völlig neukonstruierte V2-Triebwerk mit 1252 ccm Hubraum, Vierventilköpfen und je zwei Nockenwellen pro Zylinder ist hochmodern und bietet mit 152 PS bei 8.750/min. eine absolut konkurrenzfähige Spitzenleistung. Das maximale Drehmoment beträgt 128 Nm bei 6.750/min. Erst bei 9.500/min. ist Schluss – nie in der 118-jährigen Harley-Geschichte drehte ein Motor aus Milwaukee ähnlich hoch. Die sehr guten Leistungswerte resultieren nicht zuletzt aus der variablen Ventilsteuerung, mit der der wassergekühlte 60°-V2 ausgerüstet ist.
Der hochdrehende Motor erfüllt aus Gewichtseinsparungsgründen eine mittragende Funktion. Der Leichtmetallrahmen selbst ist dreiteilig und besteht aus Rohr-, Guss- und Formteilen. Auch die Zweiarmschwinge ist aus Leichtmetall gearbeitet, der Antrieb erfolgt über eine Kette. Dank leichter Materialen kommt Harley-Davidson für die Pan America in Basisversion auf ein fahrfertiges Leergewicht von 245 Kilogramm. Die 47-er USD-Telegabel von Showa wie das Zentralfederbein sind voll einstellbar, wobei die Vorspannung hinten hydraulisch justiert wird. Der Federweg ist mit 191 Millimetern ausreichend groß fürs Fahren abseits des Asphalts, die Aluminiumguss-Räder messen im Durchmesser 19 bzw. 17 Zoll. Neues bietet Harley zusammen mit Brembo mit dem Dreischeiben-Bremssystem. Es weist unter anderem eine kurvenoptimierte elektronische Bremskraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad auf; die Kombinationswirkung steigt mit der Bremskraft unter Berücksichtigung der Schräglage. Natürlich ist ein Sechsachsen-Sensor (IMU) verbaut; er stellt die nötigen Daten für dieses System und auch das Kurven-ABS, die Traktionskontrolle und vieles mehr bereit.
Elektronik und Verbrauch
Reichlich ist auch die Elektronik-Ausstattung der Pan America; erstaunlicherweise gibt es aber keinen Quickshifter zum kupplungslosen Schalten. Radarbasierte Assistenzsysteme sind ebenfalls nicht im Angebot. Ansonsten punktet die Pan European voll: So gibt es mehrere, teils sogar individualisierbare Fahrmodi für Straße und Gelände, Tempomat, Berganfahrhilfe, selbstrückstellende Blinker, schlüsselloses Startsystem, Reifendruckkontrolle sowie ein 6,8 Zoll großes, farbiges Touchscreen-Display mit mehreren unterschiedlichen Anzeigemodi, Infotainment- und Navigationssystem. Dafür braucht’s eine App auf dem Fahrer-Smartphone. Der Tank fasst 21,2 Liter, der Verbrauch wird mit 5,5 Liter/100 km angegeben. Unerwartet kurz sind die Wartungsintervalle von 8.000 Kilometern. Die Garantie ist mit vier Jahren dagegen üppig.
Automatische Fahrwerksabsenkung und starke Ausstattung
Die zweite Version trägt die Zusatzbezeichnung Special. Sie ist nochmals deutlich besser ausgestattet und wiegt deshalb mit 258 Kilogramm auch 13 Kilo mehr. Wichtigstes Plus ist das semiaktive Showa-Fahrwerkssystem. Es umfasst verschiedene Modi für die Federungs- und Dämpfungsfunktion sowie eine automatische Nivellierung des Motorrads unter Berücksichtigung der Beladung. Die Sitzhöhe ist auch bei ihr zweistufig einstellbar, allerdings generell zwei Zentimeter geringer als bei der Basisversion (894/869 mm).
Die automatische Fahrwerksabsenkung ARH (Adaptive Ride Height) ist für 700 Euro Mehrpreis im Angebot; möglicherweise ein großes Plus, um Kunden zu gewinnen. Dank ARH reduziert sich die Sitzhöhe weiter auf 855 bzw. 830 Millimeter. Minimal lassen sich mit ARH im Stand etwa 780 Millimeter erreichen. Beim Losfahren liftet sich das Bike automatisch, so dass Federweg, Schräglagenfreiheit, Bodenfreiheit und Fahrkomfort unbeeinflusst sind. Vier Einstellmodi ermöglichen zudem individuelles Justieren des Lift-Tempos.
Bei der Special-Version ebenfalls serienmäßig sind die Kurvenlichtfunktion des waagrecht angeordneten LED-Rechteckscheinwerfers, Reifendruckkontrolle, einstellbares Bremspedal, Hauptständer, Leichtmetall-Motorschutz, Schutzbügel, Handschützer, dreistufige Griffheizung und Lenkungsdämpfer. Kreuzspeichenräder, auf denen schlauchlose Reifen montiert werden können, kosten für sie 500 Euro Aufpreis.
Geballte Technik, viele sinnvoll erscheinende Details, darunter zweistufige Sitzhöhenverstellung um 25 Millimeter und einhändige Windschildverstellung. Aber noch weiß niemand außerhalb von Harley, wie sich die Pan America wirklich fährt. Ihr Radstand ist mit 1580 Millimetern der längste im Segment, der Nachlauf des Vorderrads ellenlang. Doch man versichert in Milwaukee, die Pan European absolut auf die Höhe des Wettbewerbs gebracht zu haben; alles sei im firmeneigenen Testcenter in Arizona x-fach ausgetestet worden.
Gesamtpaket fürs Abenteuertouren
Es wurden drei Gepäcksysteme für unterschiedliche Anforderungen entwickelt; sie sind als Zubehör erhältlich. Auch eine vollständig neue Bekleidungs-Serie, die in Zusammenarbeit mit dem renommierten Hersteller Rev’it entstand, findet sich bei den Harley-Händlern.
Preise – Händler – Probefahrten
Die Pan America gibt es voraussichtlich ab Juni 2021 in zwei Versionen: Das Basismodell kostet ab 15.995 Euro, die Special-Version u.a. mit semiaktivem Fahrwerk ab 17.995 Euro.
Mehr Informationen findet ihr auf der offiziellen Seite von Harley-Davidson Deutschland. Bei einem Händler in eurer Nähe könnt ihr eine Probefahrt vereinbaren.
Text© Ulf Böhringer
Fotos © Harley-Davidson